Ende Dezember 2008 konnte ich meinen Traum einer Wanderung im Himalaya erfuellen.
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Die Wanderung wurde von dem The Chennai Trekking Club organisiert. Insgesamt waren wir 15 Wanderer (ein Franzose, eine Schweizerin und ich waren die einzigen Auslaender). Die meisten fuhren mit dem Zug nach New Jalpaiguri (allgemein bekannt als NJP), aber ich bevorzugte, nach Bagdogra zu fliegen, der Flughafen in der Naehe von Siliguri und NJP. Nachdem wir uns alle schliesslich in NJP getroffen hatten, welches noch in der Ebene liegt, fuhren wir in zwei Jeeps nach Maneybhanjang, ein Ort am Rande des Singalila Nationalparksk. Dieser Nationalpark liegt im Nord-Westen von West Bengal, direkt an der Grenze zu Nepal und zu dem indischen Staat Sikkim. Und schliesslich, am 22. Dezember 2008, machten wir uns auf die Wanderschaft fuer insgesamt etwa 85 km.
Maneybhanjang ist ein kleines Dorf, welches oft als Basis fuer Wanderungen in den Singalila Nationalpark benutzt wird. Es ist nicht besonders interessant, aber man ist von dort schnell in der Natur.
Diw Wanderung beginnt mit einem recht steilen Anstieg bis zum Hochplateau beim Chitrey Kloster. Dort hatten wir unsere erste Teepause in einer Huette, die tatseachlich in Nepal lag. Kein Zaun trennt Indien und Nepal. Nur gelegentliche Grenzsteine markieren die Grenze. Und die recht haeufigen Grenzstationen zeigen ebenfalls an, dass man sich in einer Grenzregion befindet. Auslaender muessen dort gelegentlich ihren Pass und das Visum vorzeigen. Es ist darum am besten, alle relevanten Papiere mitzubringen (einschliesslich einer Residential Permit, falls vorhanden). Ein fuer allrad-angetriebene Jeeps ausgelegter Weg folgt der gesamten Grenze. Dieser wird von der indischen Armee unterhalten. Und mehr oder weniger folgtem wir diesem Weg, solange wir an der indisch-nepalesischen Grenze entlangwanderten.
Dann wanderten wir weiter nach Tonglu (3070 m). Tatsaechlich haetten wir nicht wirklich dorthin gesollt. Aber ich mit zwei anderen Wanderern waren etwas voraus vor dem Rest der Gruppe. Wir genossen die Aussicht, als einer der Guides uns schliesslich einholte und uns zu eine kleinen Dorf (etwa sechs Haeuser) hinabfuehrte, wo das Mittagessen schon auf uns wartete. Diese Mittagessen machten immer satt, aber sie waren natuerlich sehr einfach.
Nach dem Mittagessen ging es weiter bergab bis wir Giribas erreichten. Dies zeigte das Problem, wenn man zu spaet am Morgen mit der Wanderung beginnt: Wir erreichten das Ziel erst im Dunkeln. Ausserdem wird es um diese Jahreszeit im Nachmittag oft neblig. Das zusammen machte das Wandern etwas schwer, obwohl wir jetztlich auf einer Art von Strasse liefen. Am ersten Tag kann es natuerlich leicht passieren, dass man etwas zu spaet aufbricht (also erst etwa um 9 Uhr morgens). Schliesslich muessen Fuehrer und Traeger eingestellt werden und alles fuer die erste Wanderung fertiggemacht werden. Aber es passierte nicht nur am ersten Tag, dass wir etwas zu spaet loszogen. Hier haette der Organisator der Wanderung eine strengere Hand zeigen koennen - auch wenn das vielleicht nicht so popular gewesen waere.
Von der Distanz her war dies die kuerzeste Strecke der ganzen Wanderung. Aber da wir 1000 Hoehenmeter zu ueberwaeltigen hatten, war dies die anstrengendste Strecke. Besonders der Anstieg auf Sandakphu war hart. Obwohl die Temperaturen nur um den Gefrierpunkt waren, trug ich bei diesem Anstieg nur ein T-Shirt, da ich so sehr schwitzte. Weite Teile von diesem Anstieg muessen 20 Grad gewesen sein, und selbst ein Jeep haette sicher seine Schwierigkeiten gehabt. Es war waerend dieses Anstiegs, dass so einige Wanderer Probleme bekamen. Sogar ein zusaetzlicher Traeger von einer Farm auf dem Weg musste eingestellt werden, um die Rucksaecke von Wanderern zu uebernehmen (fuer mich war es natuerlich Ehrensache, mein Gepaeck selber zu tragen, was 15 kg ohne das Wasser wog). Am Ende hatten wir 7 Fuehrer und Traeger fuer die 15 Touristen. Und was diese Traeger trugen, war beeindruckend. Es muss zwischen 20 und 25 kg pro Person gewogen haben, da wir auch noch zusaetzlich Zelte und einen Gasherd fuer den Notfall dabei hatten (aber am Ende stellt sich heraus, das wir nichts davon brauchten).
Dies war der erste Tag, an dem uns das Wetter einen Blick auf die hohen Berge erlaubte. Und Mount Everest (8848 m), Lhotse (8501 m) und Makalu (8415 m) waren die ersten, die wir sahen. Wir sahen auch kurz die sogenannten Drei Schwestern. Das war ueberraschend, da wir den Khangchendzonga zu sehen erwartet hatten. Dies ist mit 8598 m der dritt-hoechste Berg der Welt und war fuer uns wesentlich naeher wie Mount Everest (Fluglinie war dieser 140 km entfernt). Aber in die Richtung von Khangchendzonga hatten wir immer die meisten Wolken und konnten so oft nur kurze Blicke erhaschen.
Das Mittagessen an diesem Tag war in Sabargram (etwa 3400 m) nach einer 14 km Wanderung. Es gab keine Huetten zwischen Sandakphu und Sabargram. Und der urspruengliche Plan war, noch am selben Tag nach Phalut zu wandern. Aber einige Wanderer hatten ernstere Probleme. Und es war eindeutig zu riskant, mit der ganzen Gruppe nach Phalut zu gehen. In diesem Augenblick zeigten die Fuehrer ihren wahren Wert. Sie konnten die Alternative vorschlagen, die Nacht in Moley zu verbringen, welches nur einen Kilometer entfernt lag.
Hier trennte sich die Gruppe in zwei Teile. Fuenf (plus einige Traeger) gingen direkt nach Gorkhey, welches nicht weit von Moley und bergab liegt. Der Rest ging zuerst nach Phalut (3600 m) vor dem Abstieg nach Gorkhey. Der Organisator der Wanderung war einer der Fuenf. Das muss eine schwere Entscheidung gewesen sein, denn sicherlich waere er auch gerne nach Phalut hochgegangen. Ihm zollt hoher Respekt, dass er die Verantwortung gewaehlt hat, die Wanderer sicher den Berg hinabzufuehren.
Die Wanderung von Moley nach Phalut (8 km) war wunderbar, denn der Boden war mit Frost bedeckt, und die Sonne kam oft hervor. Waehrend wir in Phalut das Mittagessen einnahmen, fing es sogar an zu schneien - der erste Schneefall der Saison. Auf dem Gipfel von Phalut treffen sich zwei Laender (Indien und Nepal) und zwei indische Staaten (West Bengal und Sikkim).
Nach dem Mittagessen gingen wir auf dem direktesten Weg den Berg hinab, und nach nur wenig mehr wie zwei Stunden kamen wir in Gorkhey an. Dieses Dorf ist recht typisch fuer die abgelegenen Doerfer im Norden von West Bengal und in Sikkim. Die Menschen leben autark, erneten ihr eigenes Gemuese und Kartoffeln, haben Ziegen und Kuehe fuer die Milch, und sammeln Feuerholz im Wald. Strom ist nicht vorhanden. Das naechste Primaere Gesundheitszentrum (was kein echtes Krankenhaus ist) liegt 21 km entfernt in Rimbick. Diese Autarkie ist zumindest teilweise Grund fuer die Bewegung, einen eigenen indischen Staat Gorkhaland zu haben in das, was zur Zeit der Darjeeling Distrikt in West Bengal ist. Die Menschen fuehlen sich von der Staatsregierung in Kolkata ignoriert. So geht der Strom eines in der Naehe gelegenen Stauwerks im Wesentlichen nach Kolkata. Ausserdem sprechen die Menschen hier Nepalesisch, waehrend die Menschen in Kolkata Bengalesisch sprechen. Wie so oft in Indien fuert die separate Sprache zu einer separaten Identitaet.
Dies war der letzte Wandertag. Abgesehen von einem steilen Anstieg zu Beginn war es recht eben. Mittagessen war an einem Ort in 1900 m. Aber der Anstieg nach Rimbick mit 2200 m war so langsam, dass er kaum wahrzunehmen war. Und an diesem Tag hatten wir wirklich Glueck mit dem Wetter: ein Gewitter zug ueber uns hinweg, als wir gerade beim Mittagessen sassen. Als wir die Rucksaecke hochhieften, war der Regen schon vorbei.
Die ganze Zeit hatten wir einen schoenen Blick auf die Huegel von Sikkim mit dem Grenzfluss zwischen uns und Sikkim. Aber wir waren nie in Sikkim. Selbst Inder benoetigen eine Genehmigung, um Sikkim zu betreten. Diese ist leicht zu bekommen, aber man muss sich diese in Bueros in bestimmten Staedten holen. Waehrend der Wanderung kann man darum nicht einfach nach Sikkim hinuebergehen, und die Strafen sollen sehr hoch sein.
In Rimbick verbrachten wir die Nacht in einem Hotel, welches sich anfuehlte wie ein 5-Sterne Hotel im Vergleich zu den anderen Unterkunften. Denn wir konnten sogar eine heisse Dusche nehmen! Das war Premiere auf der Wanderung. Im Allgemeinen wird noch nicht einmal ein Eimer heisses Wasser zum Waschen gegeben. Schliesslich muss das Wasser mit Feuerholz erhitzt werden. Und Feuerholz ist bei weitem zu wertvoll, um es fuer so etwas wie Badewasser zu verschwenden. Was erklaert, warum Waschen so unpopulaer war waehrend der fuenf Tage Wanderung. Aber sicherlich hat sich der Wald nicht an etwas "natuerlichem Duft" gestoert.
Am Tag nach Ende der Wanderung fuhren wir erst zurueck nach Maneybhanjang, um ein paar Sachen aufzulesen. Waehrend dieser Fahrt hatten wir endlich einen guten Blick auf den Khangchendzonga. Auch bekamen wir endlich Momos zu essen, eine tibetanische Spezialitaet (ein Momo ist geduensteter Teig, der um eine Fuellung gepackt ist; ich fand es eigentlich schade, dass wir waehrend der Wanderung meist suedindisches Essen bekamen anstatt lokales Essen). Danach fuhren wir weiter nach Darjeelilng.
Darjeeling erinnert an Ooty, was bedeutet, es ist beruehmt und zu gross geworden und kann den Ruf nicht ganz erfuellen. Khangchendzonga kann man sehen, sofern keine Wolken vorhanden sind. Aber als wir ankamen hatten sich die Wolken schon um den Berg versammelt. Darum sind wir meist durch die Stadt gebummelt. Wir fanden auch eine nette Bar in der Naehe vom zentralen Platz.
Am naechsten Tag war es Zeit fuer mich, mich von meinen Mitwanderern zu verabschieden. Da ich am Montag einen Flug von Bagdogra erreichen musste, hielt ich es fuer sicherer, schon die Huegel zu verlassen und die Nacht in Siliguri zu verbringen. Zum Glueck bekam ich eine Fahrkarte fuer den Zug von Darjeeling nach Siliguri.
Der Zug ist bekannt als Darjeeling Himalayan Railway, oder einfach "Toy Train". Heutzutage laeuft der Zug auf Diesel. Und die vier kleinen Passagierwagons (die erste Klasse hat nur Platz fuer 12 Personen) sind auch neueren Datums. Aber die Srecke ist noch die Historische von den Briten gelegte (der Bau begann 1879). Es ist eine Schmalspurbahn (610 mm), die erst von Darjeeling (2077 m) hoch auf 2258 m geht, und dann ganz hinab in die Ebene (Siliguri ist 158 m hoch). Der Zug kann selbst bergab kaum schneller wie 15 km/h fahren. Darum dauerte die Fahrt ganze 7 Stunden! Und das war nur bis Siliguri (die letzte Station ist in NJP, was eine Gesamtdistanz von 88 km ergibt). Der Zug ist langsam genug damit Menschen aufspringen koennen und ein Stueck ohne zu zahlen mitgenommen werden koennen (was toleriert wird). Manchmal geht die Bahn zogar im Zickzack den Berg hinab. Sie faehrt in eine Sackgasse. Dann wird hinter dem Zug eine Weiche umgelegt und der Zug geht eine Zeitlang rueckwaerts den Berg hiab bis er wieder in einer Sackgasse steckt. Dann wird eine Weiche vor dem Zug umgelegt, und der Zug faehrt normal weiter.
Auf dem Weg fuhren wir an einer Demonstration des Frauenfluegels der GJMM vorbei, welche zu einem separaten indischen Staat Gorkhaland aufruft. Urspruenglich war ein Generalstreik ausgerufen worden fuer diese Forderung. Aber da die Regierung zu Gespraechen bereit war, wurde der Generalstreik abgesagt. Als Gegenleistung wurde von der Jana Chetna am Montag ein 24 Stunden Streik ausgerufen, um ihre Ablehnung der Gespraeche kundzutun (angeblich mit moralischer Unterstuetzung von Organisationen wie Aamra Bangali, Shiv Sena und Janas Jagaran). Dies fuehrte zu Problemen fuer mich. Kein Auto und kein Bus liefen zwischen Siliguri und dem Flughafen. Aber in meinem Hotel konnten sie einen Motorradfahrer organisieren, der mich zum Flughafen brachte (das Risiko lohnte den Preis). Das war ein kleines Abenteuer. Aber am Ende kamen wir gut durch. Es half aber, dass wir direkt hinter einem LKW der indischen Armee waren, als wir die Streikbarrieren passierten.
Und nach einem langen Aufenthalt erst im Bagdogra Flughafen und dann im Kolkata Flughafen kam ich schliesslich in Bangalore an.